Das Nachbarschaftsrecht regelt die rechtliche Beziehung zwischen Nachbarn, aber auch die Beziehung zwischen Nachbarn und Dritten. Das, was Nachbarschaftsrecht umfasst, ist vielfältig. Geregelt wird, was ein Grundstückseigentümer in Grenznähe machen darf – etwa im Hinblick auf Anpflanzungen oder Errichtungen von Zäunen, Mauern. Aber auch Fragen, wann das Grundstück des Nachbarn betreten werden darf, welchen Lärm Sie erdulden müssen, wie es um Grenzmauern bestellt ist oder wann ein Notwegerecht gilt, gehören hierzu. Und auch Fragen, wie es sich um über die Grenze hängende Äste von Pflanzen oder deren Höhe in Grenznähe verhält, gehören zum Nachbarschaftsrecht. Hinzu kommen Fragen um einzuhaltende Abstände, wenn man auf seinem Grundstück etwas bauen möchte oder auch die Frage, was passiert, wenn Grenzsteine fehlen. Die Aufzählung ließe sich fortführen.
So facettenreich wie das Nachbarschaftsrecht ist, so facettenreich sind die Streitfälle im Nachbarschaftsrecht. So geht es häufig um die Auseinandersetzung über Pflanzen. Sei es, weil Äste über die Grundstücksgrenze hinüberhängen oder weil Bäume und Sträucher sehr hoch gewachsen sind oder sehr dicht an die Grundstücksgrenze gepflanzt wurden. Oft sind aber Nachbarn auch über den genauen Grenzverlauf uneins, weil etwa Grenzsteine fehlen. Aber auch die Frage nach Betretungsrechten, ob man also Arbeiten am eigenen Grundstück vom Grundstück des Nachbarn aus erledigen darf, gehören zu typischen Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn. Das gilt im Übrigen auch für die Frage der Ausrichtung von Fenstern oder auch, wenn der Eigentümer sein Grundstück von der Straße aus nicht oder nur schwer erreichen kann und eine Erreichbarkeit über das Grundstück des Nachbarn im Streit steht, etwa aufgrund eines Notwegerechts.
Die Regelungen zum Nachbarschaftsrecht sind über verschiedene Gesetze verstreut. Die wesentlichen Rechtsregeln des nachbarlichen Privatrechts finden sich als Bundesgesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 903 bis 924 BGB. Die wesentlichen, nur für das Saarland geltenden privaten landesrechtlichen Regelungen stehen im saarländischen Nachbarrechtsgesetz. Hinzu treten aber auch sogenannte öffentlich- rechtliche Bestimmungen in der Landesbauordnung, dem Baugesetzbuch oder auch dem Bundesimmissionsschutzgesetz.
Ein Großteil der nachbarschaftsrechtlichen Regelungen basiert auf Landesgesetzen. Das sind Gesetze der einzelnen Bundesländer, die nur dort gelten. Im Saarland gilt also in Teilen ein anderes Nachbarschaftsrecht, als etwa im Nachbarland Rheinland-Pfalz. Die dadurch auftretenden Unterschiede sind spürbar und deutlich. Im bayerischen Nachbarschaftsrecht gibt es etwa gesetzliche Bestimmungen, wie hoch Pflanzen in Grenznähe wachsen dürfen. Im saarländischen Nachbarschaftsgesetz gibt es derartige Regelungen nicht. Solcherlei muss unbedingt beachtet werden und wird häufig von juristischen Laien übersehen, wenn auf eigene Faust recherchiert wird und dabei Urteile gefunden werden, die sich mit dem Nachbarschaftsrecht in anderen Bundesländern beschäftigen.
Streitigkeiten im Nachbarschaftsrecht können rechtsschutzversichert werden. Nicht jeder Rechtsschutzversicherungsvertrag umschließt jedoch automatisch auch einen Streit im Nachbarschaftsrecht. Ob ein Nachbarschaftsstreit rechtsschutzversichert ist oder nicht, hängt vom jeweiligen Vertragsumfang mit dem Rechtsschutzversicherer ab.
Zwingend vorgeschrieben ist das Hinzuziehen eines Anwalts, wenn gerichtlich vor einem Landgericht, Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof gestritten wird.
Doch lohnt es sich, einen Anwalt bereits deutlich früher hinzuzuziehen. Denn der fachmännische Rat des Anwalts kann bereits in einem frühen Stadium der Auseinandersetzung mit dem Nachbarn helfen, die eigene Rechtsposition besser einordnen zu können. So kann etwa eine Beratung im Frühstadium einer möglichen Auseinandersetzung mit einem Nachbarn dazu führen, dass Streit bzw. die Eskalation des Streits vermieden wird. Und wenn sich der Streit nicht vermeiden lässt, führt die Mitwirkung des Anwalts dazu, den Streit in die richtige Richtung zu lenken. Das gilt vor allem im Nachbarrecht. Denn hier sind bereits die gesetzlichen Grundlagen derart breit gestreut, dass dem juristischen Laien oft die Einschätzung fehlt, welche Regeln für seinen Fall relevant sind und welche nicht. Das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts bedeutet im Übrigen auch nicht, dass dieser zwingend nach außen tätig wird und stets an den Nachbarn als Anwalt herantritt. Hilfreich kann auch die Tätigkeit des Anwalts sein, wenn er lediglich beratend im Hintergrund ist. Auf diese Weise kann ein Rechtsanwalt auch helfen, Kosten zu sparen. Gestaltet sich nämlich die Angelegenheit derart, dass der Nachbar in wesentlichen Punkten recht hat, kann der frühzeitige Rat eines Anwalts dazu führen, die Rechtslage richtig einzuschätzen und auf diese Weise einen teuren gerichtlichen Rechtsstreit zu vermeiden, der andernfalls verloren ginge und die unterliegende Partei mit merklichen Kosten belasten würde.
Der Streit mit einem Nachbarn muss nicht vor Gericht enden. Das gilt vor allem dann, wenn eine der streitenden Nachbarn offensichtlich im Recht und der andere offensichtlich im Unrecht ist. Diese Eindeutigkeit der Rechtslage kann der juristische Laie jedoch selbst oft nicht erkennen, sodass es lohnenswert ist, den fachlichen Rat eines Anwalts hinzuzuziehen. Insoweit kann durch einen Rechtsanwalt gegenüber dem Nachbarn auch außergerichtlich dargelegt werden, wie sich die Sach- und Rechtslage verhält und welche Ansprüche der Mandant gegenüber seinem Nachbarn hat. Auf diese Weise kann ein Streit bereits beendet werden.
Lässt sich der Streit auf diese Weise nicht lösen, gelangt der Streit jedoch zunächst meist noch nicht vor Gericht. In den meisten Streitfällen zwischen Nachbarn ist zwingend der örtliche Schiedsmann anzurufen, damit dieser sich um eine Schlichtung zwischen den streitenden Nachbarn bemühen kann. Erst wenn das nicht gelingt, kann die Sache zu Gericht getragen werden.
Im Falle einer Auseinandersetzung mit einem Nachbar kann die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt bereits in einem frühen Stadium sehr hilfreich sein. Denn die nachbarschaftsrechtlichen Regelungen sind derart umfangreich und in Großteilen auch bundeslandspezifisch, sodass sich der juristische Laie im Eigenstudium oft verzettelt. Hier kann der Rechtsanwalt bereits in einem frühen Stadium Klarheit schaffen, was nicht bedeutet, dass ein Rechtsanwalt von Beginn an nach außen auftreten muss. Oft hilft ein frühzeitiger Rat, Streitigkeiten nicht eskalieren zu lassen. Denn eines ist stets zu bedenken: eine nachbarliche Beziehung währt nicht selten ein Leben lang. Da tut es gut, Streitigkeiten nach Möglichkeit zu vermeiden, was erreicht werden kann, wenn von Beginn an eine professionelle Einschätzung hinzugezogen wird. Und auch wenn sich ein Streit nicht vermeiden lässt und die Sache zu einem Schiedsmann oder auch Gericht getragen wird, kann der Rechtsanwalt durch seine fachmännische Sicht auf die Dinge helfen, womöglich doch noch eine vernünftige Einigung zu finden, damit das nachbarschaftliche Verhältnis nicht auf Jahre zerstört ist.
Lässt sich ein Nachbarschaftsstreit nicht untereinander lösen, müssen in letzter Instanz Gerichte entscheiden. Allerdings besteht im nachbarschaftsrechtlichen Streit eine Besonderheit. Bevor der Streit zu einem Gericht getragen werden kann, besteht die gesetzliche Verpflichtung, den Streit zunächst dem örtlichen Schiedsmann zuzuführen, damit dort eine Schlichtung versucht wird. Nur wenn das misslingt, darf es bei Gericht weitergehen. Wird eine Einigung bei einem Schiedsmann gefunden, ist diese genauso viel wert, wie ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich. Hält sich einer der Nachbarn nicht an die getroffene Einigung oder an das gefällte Urteil, kann auf deren Basis die Zwangsvollstreckung betrieben werden.